Tobea - Martina Witt

Dolmetscher für die Seele

Was passiert, wenn sich ein Mensch das Leben nimmt?


Als erstes fange ich wieder mit dem gedachten Selbstmord an und meinen Arbeitsbeispiel, dem Taxi. In diesem Fall ist es der Taxifahrer der das Leben/ die Fahrt/ die Straßenverhältnisse so furchtbar findet, dass er die Fahrt beendet, in dem er zum Beispiel gegen einen Baum fährt. Das Auto/Körper ist absoluter Schrott. Er/das Denken ist tod und der Fahrgast hat überlebt, steht am Straßenrand und weiß nicht, wie er ans Ziel kommt. Wenn sie nur ein bisschen Glück hat, kommt sie in den „Selbstmörderhimmel“, von dem ich schon berichtet habe. Meistens ist es aber so, dass sie nach einem neuen Taxi sucht. Umgangssprachlich nennt man das „Spuken“ und drangsaliert damit ihre Mitmenschen. Diese wiederum haben Angst, dass sie verrückt werden. Schließlich glaubt man ihnen ja nicht, wenn sie von solchen Erfahrungen berichten. Ich sehe die Seelen und weiß, wie das so läuft.
Meistens finden die Seelen ein Taxi, wo auch eine Seele drinsitzt, die nicht viel zu melden hat und sie arrangieren sich und machen das Beste draus.
In meiner schamanischen-technischen Ausbildung habe ich auch das „Familienstellen“ gelernt. Dafür haben sich ein paar Leute getroffen, meistens mit eigenen Problemen, um sich stellvertretend für einen anderen als eine Art Medium zur Verfügung zu stellen. Eine Frau kam über den Selbstmord ihres Bruders nicht hinweg. Diese Arbeit sollte noch einmal ein Gespräch mit ihm ergeben, damit sie endlich loslassen konnte. Dafür stellte sich eine Fremde aus der Gruppe, als eine Art Medium in den Kreis. Wir alle riefen die Seele des Bruders an, damit er seiner Schwester noch etwas sagen konnte. Da ich Seelen sehn kann, sah ich ihn sofort und er ging mit einer Leichtigkeit in den Körper des Mediums und sie sprach aus, was er ihr „einflüsterte“ Die trauernde Schwester war begeistert. Es kamen Dinge zur Sprache, die das „Medium“ nicht wissen konnte. Alle waren verblüfft und freuten sich mit der Schwester. Es wurde in die Hände geklatscht und ein kleines Ritual vollzogen. Somit sollte die Seele des Bruders den Körper des Mediums wieder verlassen. Schließlich war ja nun alles auch für seinen Frieden getan und er konnte nun wirklich seine letzte Reise antreten. Mit meinem Sehen konnte ich aber sehen, dass er den Körper nicht verließ. Er freute sich wie ein Schneekönig, dass er nun endlich wieder einen Körper hatte und weiterleben konnte. In dem Medium war doch Platz für beide. Man nennt es „Besetzung“. Ich werde noch ausführlich, in einem anderen Kapitel darauf eingehen. Dieses Erlebnis ist inzwischen 25 Jahre her und es beschäftigt mich immer wieder. Besetzungen sind eines meiner Hauptthemen bei meinen Arbeiten mit den Klienten.
Von der Idee her ist es eine ganz großartige Sache. Ich habe es auch als ein Wunder erlebt, wie eine Schamanin die Seele meines verstorbenen Mannes in sich aufnahm und er mir darüber, alles sagen konnte, was er zu Lebzeiten nicht mehr konnte. Er hat mich mit vielen Problemen sitzen lassen und dabei war es so einleuchtet, dies mit seiner Logik zu verstehen. Es hat meinem Leben endlich wieder Sinn gegeben.

Bei dem seelischen Selbstmord, geht ja nur der irdische Rest nach Hause. Wenn es auch blöd gelaufen ist, aber alle Teile können sich erst einmal ausruhen. Irgendwann kommt das dicke Ende und sie müssen zum göttliche Rapport. Dann kommt die große Auswertung und wie beim Sitzenbleiben muss man den ganzen Scheiß im nächsten Leben wiederholen. Ich habe diese Aussprache an höchster stelle erlebt. In meinem Leben habe ich wirklich sehr unangenehme Chefs gehabt mit noch unangenehmeren Zurechtweisungen, aber bei Gott ist das noch weit schmerzhafter. Ich durfte wieder zurück und das Aufwachen nach einem Selbstmordversuch gehört zu meinen allerschlimmsten Erfahrungen. Es kostet so viel Kraft, den Urinstinkt des Überlebens auszutricksen. Selbst das primitivste Tier kämpft für sein Leben. Dann wacht man auf, wird gleich vom Personal völlig verständnislos angeschnauzt und das Leben hat sich nicht geändert.
Aber es ist auch gut, dass es noch eine höhere Instanz gibt, die darüber bestimmt, ob es funktioniert oder nicht. Nach mehreren Versuchen habe ich meine Machtlosigkeit eingesehen und mich gefügt. Er wollte mich hier auf Erden behalten. So bin ich in jede Lebenssituation reingegangen und habe sie bearbeitet und aufgelöst. Ich war nicht immer glücklich damit, aber ich habe ihn mit der Zeit verstanden und bin glücklich. Es ist nicht zu Ende und es liegen immer wieder kleine und große Brocken auf meinem Lebensweg. Aber ich bringe hinter mich und damit habe ich schon hier ein schönes Leben und muss nicht auf ein nächstes warten. Es lohnt sich!!!

Eine Erklärung liegt mir noch sehr am Herzen. Manchmal kann man einfach nicht mehr leben. Egal ob „gedacht“ oder „gefühlt“.
Früher sagten die Leute „Da kommt der Fährmann. Der holt einen ab und bringt ihn mit seinem Kahn auf die andere Seite“


Heutzutage sterben so viele Menschen, dass am Ufer ganze Kreuzfahrtflotten stehen. Oder es fahren volle Züge ab.
Eine Witwe bat mich um ein Gespräch mit ihrem Mann, der sich das Leben so plötzlich genommen hat und sie keine Antworten darauf fand. Ich machte mich mit meiner Trancereise auf den Weg.

Als ich ankam, stand ich am Bahnsteig und der Zug fuhr gerade langsam los. Ich sah noch den Mann, wie er hinterherrannte und ihn im letzten Augenblick erwischte. Dann war ich mit in diesem Zug. Der Schaffner war der Tod und kontrollierte die Fahrscheine. Der Mann entschuldigte sich, denn er hatte es so eilig, dass er keine Fahrkarte mehr kaufen konnte. Der Tod sah auf eine lange Liste mit Namen auf einem Klemmbrett und sagte: „Das ist nicht schlimm. Du stehst eh auf meiner Liste und darfst in der ersten Klasse mitfahren“

Die Witwe erzählte mir hinterher, dass er schon krank war. Sie wusste nur nicht, wie schlimm es schon war. Die Seele weiß eben doch viel mehr als wir ahnen. Der Mann hatte sich vor einen Zug geschmissen, was ich nicht wusste.

Einmal habe ich Gott unendlich wütend erlebt. Man nimmt das Wort „Selbst-Mord“ so häufig in den Mund. Mord ist ein Tötungsdelikt mit Vorsatz (ausdenken). Das heißt, man muss dafür vor ein Gericht und Gott findet jeden „Mörder“. Auch ich musste schon vor meinen Richter und mir mein Verhalten mit ganz anderen Augen ansehen.

In meiner Trancereise stand ich vor dem großen Richtertisch. Gott saß oben, vor mir mit mehreren Beisitzern. Alle hatten diese komischen lockigen Perücken auf, was mich erst einmal zum Schmunzeln brachte und die Schärfe aus der Situation nahm. Aber ich hatte mich getäuscht. Gott-der oberste Richter, schrie mich an. „Wie kannst Du Dich selbst zum Tode verurteilen und selbst zum Vollstrecker werden. Selbst der schlimmste Verbrecher auf Erden, hat einen Anwalt, der für ihn spricht und verteidigt. Selbst wenn ein Richter diesen Verbrecher zum Tode verurteilt, gibt es da draußen Menschen, die für Ihn auf die Straße gehen und sich mit allen Mitteln einsetzen. Nochmal, wie kannst Du Dich über Gott stellen und dich zum Tode verurteilen?“

Ich war wie erstarrt. So habe ich das noch nie gesehen. Ja es ist eine Verurteilung und kein Selbstmord. Und wir alle haben unsere Anwälte in Form von liebevollen Mitmenschen. Natürlich gibt es auch die gegnerischen Anwälte. Hier muss ich ganz kitschig sagen.

„Die Liebe siegt!“

Ich habe viele dieser Anwälte erlebt, die sich über die Zeit für mich eingesetzt haben, wenn ich am Boden lag. Die Herzen Wand in meinem Hausflur macht es mir immer wieder bewusst und gibt mir die Kraft, wieder weiterzumachen.
(Viele Menschen wollen sich noch einmal mit einer kleinen Geste bedanken. Ich mag leider keinen Blumen beim Sterben zusehen, Schokolade und Pralinen kann ich mit meinem Diabetes nicht genießen und Alkohol trinke ich auch nicht. Also habe ich die Leute gebeten, mir ein Herz, in welcher Form auch immer zu schenken. Damit kann ich mich immer an die Liebe erinnern, wenn es mir mal wieder schlecht geht. Es funktioniert!!!)

Ich danke allen lieben Menschen, die mir immer wieder die Kraft gegeben haben und noch geben. Ich brauche Anwälte, wie jeder andere Mensch in unserem Umfeld. Lasst nicht nach, euch für das irdische Leben einzusetzen.